Einleitung: Alles, was uns wichtig war
Lassen Sie mich eine Geschichte erzählen. Werden wir uns, wenn sie zu Ende ist, noch lieben können?
Es ist eine lange Geschichte, denn sie handelt von allem, was uns wichtig war: unseren Werten, unseren Prinzipien, den Quellen unserer Identität, den Fundamenten unserer Gemeinschaft, vom Mit- und vom Gegeneinander, von den zwei Seiten des Verurteilens und Verurteilt-Werdens und dass wir nicht immer auf der Seite aufwachen, auf der wir uns schlafen gelegt haben.
Woran können wir uns orientieren? Wie wollen wir leben? Wie können wir miteinander auskommen? Wie ist es uns früher gelungen, und wie wird es in Zukunft möglich sein? Dies sind moralische Fragen, und die Geschichte, die ich erzählen will, ist eine Geschichte der Moral. Moral – das klingt nach Hemmung und Zwang, nach Einschränkung und Aufopferung; nach Inquisition, Geständnis und schlechtem Gewissen, nach Keuschheit und Katechismus: freudlos, klaustrophobisch und mit erhobenem Zeigefinger.
Und dieser Eindruck ist auch nicht falsch; er ist nur unvollständig und ergänzungsbedürftig. Meine Geschichte zeichnet die fundamentalen moralischen Transformationen der Menschheit nach, von unseren frühesten, noch nicht menschlichen Vorfahren in Ostafrika bis zu den jüngsten Konflikten um Identität, Ungleichheit, Unterdrückung und die Deutungshoheit über die Gegenwart, die online in den Metropolen der modernen Welt ausgetragen werden. Sie erzählt davon, wie sich unsere Gesellschaft über die Zeitalter hinweg veränderte, davon, wie neue Institutionen, Technologien, Wissensbestände und Wirtschaftsformen sich parallel zu unseren Werten und Normen entwickelten, und davon, dass jede dieser Veränderungen mehr als eine Seite hat: Denn wer in einer Gemeinschaft lebt, grenzt andere aus; wer Regeln versteht, will diese überwachen; wer Vertrauen schenkt, macht sich abhängig; wer Wohlstand erzeugt, schafft Ungleichheit und Ausbeutung; wer Frieden will, muss manchmal kämpfen.
Jeder Wandel hat eine Dialektik, jede willkommene Entwicklung hat eine harte, dunkle, kalte Seite, jeder Fortschritt hat einen Preis. Unsere frühe Evolution machte uns kooperativ, aber auch feindselig gegenüber allen, die nicht zu unserer Gruppe gehörten – wer „wir“ sagt, sagt bald auch „die“; die Entwicklung des Strafens domestizierte uns, machte uns freundlich und verträglich, stattete uns aber auch mit mächtigen punitiven, also strafenden Instinkten aus, mit denen wir die Einhaltung unserer Regeln überwachten; unsere Kultur gab uns neues Wissen und neue Fähigkeiten, die wir von anderen erlernten – und machte uns dadurch von diesen anderen abhängig; die Entstehung von Ungleichheit und Herrschaft brachte nie da gewesenen Reichtum und ein neues Ausmaß der Hierarchie und Unterdrückung; die Moderne setzte das Individuum frei, das die Natur mit Wissenschaft und Technologie unter seine Kontrolle brachte; dabei entzauberten wir unsere Welt, in der wir jetzt heimatlos sind, und schufen die Bedingungen für Kolonialismus und Sklaverei; das 20. Jahrhundert wollte mithilfe globaler Institutionen eine friedliche Gesellschaft schaffen, in der alle den gleichen moralischen Status genießen, brachte uns die atemberaubendsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte und manövrierte uns an den Rand des ökologischen Kollapses; seit kurzer Zeit versuchen wir jenes Erbe der Willkür und Diskriminierung, des Rassismus und Sexismus, der Homophobie und Exklusion endgültig abzustreifen; es wird sich lohnen, aber irgendeinen Preis werden wir auch dafür zahlen.
Unsere Moral ist ein Palimpsest: ein mehrfach beschriebenes, oft unleserliches Pergament, das schwer zu entziffern ist. Aber was ist Moral? Wie definiert man sie? Am besten: gar nicht, denn „definirbar ist nur Das, was keine Geschichte hat“.[i] Unsere Moral hat aber eine Geschichte, und die ist zu vielschichtig und unhandlich für die sterilen Formeln, die wir uns im Lehnstuhl ausdenken. Dass sich nur schlecht definieren lässt, was Moral ist, heißt aber nicht, dass sich nicht klar sagen ließe, was sie ist. Es lässt sich nur nicht kurz sagen.
Eine Geschichte der Moral ist keine Geschichte der Moralphilosophie. Wir denken schon seit Langem über unsere Werte nach, aber erst seit kurzer Zeit schreiben wir unsere Gedanken auch auf. Der Codex Hammurapi und der Dekalog, die Bergpredigt, Kants kategorischer Imperativ und Rawls’ Schleier des Nichtwissens spielen in meiner Geschichte eine Rolle, aber sie ist vergleichsweise gering. Es ist die Geschichte unserer Werte, Normen, Institutionen und Praktiken. Unsere Moral ist nicht in unserem Kopf, sondern in unseren Städten und Dämmen, Gesetzen und Gewohnheiten, in unseren Festen und Kriegen.
Die Geschichte, die ich erzählen werde, will einen Beitrag zum Verständnis der Gegenwart leisten. Moderne Gesellschaften stehen aktuell unter einem moralischen Druck, die Möglichkeit ihres eigenen Fortbestehens mit den unangenehmsten Wahrheiten ihrer Existenz zu vereinen. Wie können wir die Umbauten unserer moralischen Infrastruktur, die wir gerade erleben, so kartografieren, dass Licht über dem Ganzen aufgeht? Woher kommt die Unversöhnlichkeit der Polarisierung, die wir aktuell beobachten? Was ist der Zusammenhang zwischen kultureller Identität und sozialer Ungleichheit? Am Ende werden diese Elemente so verbunden, dass sich eine Zeitdiagnose der moralischen Krise der Gegenwart ergibt. Die Diagnose, die ich vorschlage, ergibt sich aus der Geschichte unserer Moral, die ich im Lauf des Buches erzähle. Um die Gegenwart zu verstehen, muss man sich der Vergangenheit zuwenden.
Kurz gesagt: Die Evolution unserer Moral machte uns zwar kooperationsfähig, schränkte unsere moralischen Dispositionen aber auf diejenigen ein, die wir zu „unserer“ Gruppe zählen (Kapitel 1, 5 000 000 Jahre). Ein durch externe Umweltveränderungen gesteigerter Kooperationsbedarf ließ sich nur durch das Zusammenleben in immer größeren Gruppen decken. Die Praxis des Strafens gab uns einerseits die Selbstkontrolle und soziale Verträglichkeit, die dafür notwendig ist, stattete uns aber andererseits mit einer Psychologie aus, die die Einhaltung der Normen unserer Gruppe mit größter Vigilanz überwacht (Kapitel 2, 500 000 Jahre). Die Koevolution von Genen und Kultur machte uns zu Wesen, die darauf angewiesen sind, von anderen zu lernen, um das akkumulierte kulturelle Kapital von Informationen und Fertigkeiten bestmöglich absorbieren zu können. Gleichzeitig musste man nun entscheiden können, von wem man lernen möchte – das heißt: wem man vertraut und glaubt –, und dieser Vorschuss an Vertrauen ist durch geteilte Werte vermittelt (Kapitel 3, 50 000 Jahre). Unserer Spezies kooperativer, punitiver und lernfähiger Wesen gelang es schließlich, immer größere Gesellschaften zu bauen, die unter dem Druck ihrer eigenen Mitgliederzahl zu kollabieren drohten. Streng hierarchische Organisationsformen begannen unseren ursprünglichen Egalitarismus zu ersetzen, wodurch sich menschliche Gesellschaften in sozioökonomische Eliten und eine Mehrheit politisch sowie materiell Benachteiligter aufspalteten. Soziale Ungleichheit wuchs, genauso wie unsere Aversion dagegen (Kapitel 4, 5000 Jahre). Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Geschichte der Moral eine kulturelle Konstellation hervorbrachte, die Verwandtschaft und Hierarchie als Strukturprinzipien der Gesellschaft durch autonom eingegangene Kooperationsverhältnisse zwischen Individuen ersetzte. Diese neue Stufe sozialer Evolution setzte bis dato unerhörte Kräfte ökonomischen Wachstums, wissenschaftlichen Fortschritts und politischer Emanzipation frei, die in die moderne Gesellschaft mündeten, in der wir heute noch leben (Kapitel 5, 500 Jahre). Gleichzeitig erhöhten sich die Spannungen zwischen unserer psychologischen Aversion gegen soziale Ungleichheit und den ökonomischen Vorteilen, die eine auf individuellen Freiheitsrechten basierende Gesellschaftsstruktur ermöglicht. Mit zunehmendem materiellem Überfluss wurde die Forderung lauter, die Versprechen menschlicher Gleichheit endlich umzusetzen: Der soziopolitische Status benachteiligter Minderheiten wurde zur moralischen Priorität (Kapitel 6, 50 Jahre). Dass sich dieses Problem nicht in der erhofften Eile lösen ließ, kennzeichnet unsere aktuelle Situation, in der sich die Hauptelemente der Geschichte unserer Moral zu einer toxischen Mischung verbinden: Unsere moralisch aufgeladene Gruppenpsychologie macht uns empfänglich für soziale Spaltung. Die Schwierigkeiten bei der Überwindung auch noch der letzten sozialen Ungleichheiten führen zum Verdacht gegenüber all denjenigen, die nicht mit der als notwendig wahrgenommenen Vehemenz für die gleiche Sache kämpfen. Dies verstärkt die Einteilung der Gesellschaft in „uns“ und „die“, was unsere Anfälligkeit für Desinformation steigert, da wir die Entscheidung, wem wir Glauben schenken sollten, zunehmend von Signalen moralischer Zugehörigkeit abhängig machen. Unsere punitive Psychologie fängt nun an, die symbolischen Marker unserer Gruppenmitgliedschaft immer empfindlicher zu überprüfen und die Nicht-Einhaltung der jeweils geltenden Normen immer exzessiver zu sanktionieren. Die – linken und rechten – Identitätskonflikte der Gegenwart sind das Ergebnis dieser Dynamik (Kapitel 7, 5 Jahre). Aber so muss es nicht enden, denn unsere politischen Meinungsverschiedenheiten sind meist nur sehr oberflächlich, und unter dieser Oberfläche gibt es tief liegende, universelle moralische Werte, die alle Menschen miteinander teilen und die die Grundlage einer neuen Verständigung sein könnten (Schluss).
Ich sagte es schon: Es ist eine lange Geschichte. Sie beginnt vor langer Zeit und endet in der Zukunft. Ihr Rhythmus spitzt sich zu und verdichtet sich: Vom ersten bis zum zweiten Kapitel werden Millionen Jahre überwunden; die letzten drei umspannen zusammen nur wenige Hundert. Die chronologische Einteilung, die ich gewählt habe, sollte aber nicht zu wörtlich genommen werden. Viele der Entwicklungen, die ich beschreibe, überlappen sich oder sind nicht eindeutig zeitlich zuzuordnen. Die zeitlichen Abschnitte, in denen diese Erzählung organisiert ist, sind als Größenordnungen zu verstehen, die Akzente setzen und einen Überblick verschaffen sollen.
Andere Einteilungen wären möglich und sinnvoll gewesen. Man könnte die Geschichte unserer Moral auch als Geschichte wachsender menschlicher Gesellschaften erzählen. Von kleinen familiären Verbünden mit vielleicht fünf Mitgliedern über erste Sippen und Stämme von 50 oder 500, frühe Städte mit 5000 oder 50 000 Bewohnern bis hin zu modernen Großgesellschaften mit 5 Milliarden Menschen oder mehr.
Die Geschichte der Moral ist auch eine Geschichte verschiedener Formen menschlicher Evolution. Sie beginnt mit den Mechanismen biologischer Evolution, bei der unsere Moral einen Beitrag dazu leistete, was für ein Tier wir wurden, wie wir als natürliche Spezies heute beschaffen sind; sie spürt die Formen kultureller Evolution auf, mit denen wir unsere eigene Welt erschufen; und sie zeichnet die Silhouette sozialer und politischer Evolution nach, die dem aktuellen Moment der Menschheitsgeschichte seine Gestalt gibt.
Sie ließe sich schließlich als Geschichte von grundlegenden Elementen unserer moralischen Infrastruktur erzählen, in denen sich unsere Fähigkeit zur Kooperation mit unserem Hang zum Strafen, Vertrauen in und Abhängigkeit von anderen, Gleichheit und Hierarchie, Individualität und Autonomie, Verletzlichkeit, Zugehörigkeit und Identität zu unserer besonderen menschlichen Lebensform verbinden. Die hier gewählte Einteilung ist eine Karte, und als solche soll sie Orientierung verschaffen, nicht die Realität abbilden. Die genaueste Karte ist nicht immer die beste.
Jedes Kapitel baut auf den vorangegangenen auf und setzt die innere Logik der Erzählung fort. Trotzdem sind alle Teile so geschrieben, dass sie auch für sich stehen und getrennt von den anderen gelesen werden können. Wer sich für die biologische Evolution des Menschen interessiert und dafür, wie unsere Moral uns als Spezies formte, kann sich auf die ersten Kapitel konzentrieren. Wer etwas über die frühe Kulturgeschichte des Menschen erfahren möchte und darüber, wie die moralische Infrastruktur der ersten Zivilisationen diese Kultur prägte, wird am meisten von den mittleren Kapiteln profitieren können. Die letzten drei Kapitel richten sich vor allem an diejenigen, die den moralischen Zeitgeist der Gegenwart besser verstehen möchten. Und wer – wie ich – glaubt, dass sich ein solches Verständnis der Gegenwart am besten aus einem Verständnis der Vergangenheit ergibt, sollte das Buch ganz lesen.
Es ist eine pessimistische Fortschrittsgeschichte. Sie ist pessimistisch, denn innerhalb jeder Generation gibt es zu viel des Bösen. Und sie ist eine Geschichte des Fortschritts, weil zwischen den Generationen Mechanismen zu greifen scheinen, die das Potenzial einer schrittweisen Verbesserung der menschlichen Moral enthalten, und weil dieses Potenzial manchmal genutzt wird. Moralischer Fortschritt ist immer möglich und oft wirklich. Aber er ist nicht selbstverständlich, weil jede Errungenschaft gegen die regressiven Kräfte einer sperrigen menschlichen Natur, die Irrationalitäten der menschlichen Psyche und die Gnadenlosigkeit des Schicksals verteidigt werden muss.
Die Idee, dass wir unsere Moral mitsamt ihren Rätseln und Widersprüchen nur verstehen können, wenn wir ihren Ursprung verstehen, ist nicht neu. Ihr endgültiger philosophischer Durchbruch gelang mit Friedrich Nietzsche, der dieses Projekt in Anlehnung an die Ahnenforschung als „Genealogie“ bezeichnete. Niemand wusste besser als Nietzsche, dass Argumente und Fakten allein keinen Sinneswandel herbeiführen. Die Geschichte vom Sklavenaufstand in der Moral, bei dem den Abgehängten und Schlecht-Weggekommenen, beflügelt vom Gift des Ressentiments gegenüber den Starken, Schönen und Vornehmen, eine Umwertung aller Werte gelingt, ist ein rhetorisches Werkzeug, das einen ersten Verdacht gegenüber unseren moralischen „Vorurtheilen“ nähren soll. Seine eigentliche Moralkritik bringt Nietzsche dort nach Hause, wo er seine positive Alternative skizziert: eine Moral, die sich an diesseitigen Werten des Großmuts, des Stolzes und der lebensbejahenden Schaffenskraft orientiert.
Nietzsches Zur Genealogie der Moral aus dem Jahr 1887 erklärte die Umdeutung der Werte gut und schlecht zu böse und gut als subtile Durchsetzung einer „Heerdenmoral“, mit deren Hilfe es den Schwachen und Entrechteten einst gelang, die Vornehmen und Starken psychologisch so anzugreifen, dass diese begannen, das Missratene mit dem Liebenswerten und das Erschöpfte mit dem Wertvollen zu verwechseln. Sie versucht zu zeigen, dass sich unser moralisches Gewissen mehr der Verinnerlichung von Impulsen der Grausamkeit verdankt als einer inneren Stimme, die uns unparteiisch an unsere moralischen Pflichten erinnert, und diskreditiert jede moralische Askese der Selbstverneinung als Symptom der Dekadenz und Lebensfeindlichkeit.
Das Hauptproblem an Nietzsches Erzählung vom Ursprung der Moral: Sie ist nicht wahr. Die Behauptung, der seinerzeit vorherrschende christliche Wertekanon der Demut und Gleichheit, der Bescheidenheit und des Mitgefühls sei aus der Ohnmacht und dem Selbsthass der Machtlosen hervorgegangen, deren Missgunst und schwelende Verachtung gegenüber der Pracht der Mächtigen sie zur Erfindung lebensfeindlicher Werte inspiriert habe, hält einer historischen Überprüfung nicht stand.[ii]
Vieles liegt nach wie vor im Dunkeln. Dennoch wissen wir inzwischen ziemlich genau, wie die Frage nach dem Ursprung der Moral gestellt werden muss und wie eine Antwort auf diese Frage ungefähr aussehen könnte. Dafür müssen wir viel weiter zurückgehen, als Nietzsche selbst es für nötig hielt, und uns nicht auf den Übergang von der diesseitigen, aristokratisch-heroischen Ethik der Antike zum christlichen Frühmittelalter konzentrieren, das den Wert von Mitleid und Demut, Sünde, Entsagung und Jenseitigkeit zu betonen begann. Stattdessen müssen wir das viel fundamentalere Problem ins Auge fassen, wie unsere menschliche Moral überhaupt entstehen konnte. Erst dann können wir verstehen, wie sich unsere Werte und die sozialen Strukturen, die diese Werte verkörpern, über die Zeiten hinweg wandeln konnten.
Die Geschichte der Moral, die ich anzubieten habe, ist keine Geschichtsschreibung im traditionellen Sinne, bei der auf konkrete, mehr oder weniger gut dokumentierte Ereignisse und Entwicklungen Bezug genommen wird. Sie ist eine Form der „tiefen Geschichte“, bei der nicht mit Jahreszahlen und Namen operiert, sondern ein plausibles Szenario entworfen wird, das ungefähr so abgelaufen sein könnte.
Der genaue Hergang der Ereignisse wird sich nie ganz entschlüsseln lassen; denn der Brunnen der Vergangenheit ist tief (und vielleicht sogar unergründlich). Man muss sich auf die bestmögliche Triangulation verschiedener Disziplinen verlassen. Genetik, Paläontologie, Psychologie und Kognitionswissenschaften, Primatologie und Anthropologie, Philosophie und Evolutionstheorie stellen je eigene Perspektiven bereit, die sich zu einem Bild zusammenfügen.
Wird diese Erzählung, wie Nietzsche glaubte, die pudenda origo unserer Werte ans Licht bringen – ihren beschämenden Ursprung? Werden wir uns, wenn sie zu Ende ist, noch lieben können? Wird die unbequeme Wahrheit, im kalten Licht des Tages betrachtet, unser Zutrauen in unsere Werte zerrütten? Wird sie zeigen, dass unsere Moral einer näheren Überprüfung standhält? Oder wird es in Trümmern und Hass und Schande enden, dieses ganz große Fest?
Wir können nicht wissen, was die Zukunft bringt, wie wir miteinander leben wollen und werden. Das müssen wir auch nicht. Unsere moralischen Werte sind wie Scheinwerfer: Man kann mit ihnen nicht sehr weit sehen; aber wenn man sich auf sie verlässt, kann man eine lange Reise machen. Dies ist die Geschichte dieser Reise.
Und Sie beginnt so: ...
Sehr geehrte Damen und Herren,
das war eins der langweiligsten und ödesten Bücher, die ich je gelesen habe. Aufgeblasen und fern des Lebens. Hoffe, es bleibt bei der Longlist.
Schade um die Leszeit.
Enttäuscht S.Ullrich