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In der Finsternis

Verschwunden und isoliert in der Finsternis

Freitag, 27. März 2015 von Revolverblatt


Eine finstere Vergangenheit

Ein Kind wird vermisst. Die Polizistin Colomba Caselli und ihr Partner Dante Torre machen sich auf die Suche. Schnell stellen sie fest, dass sie jenen Mann finden müssen, der Torres Leben zerstört hat.

Ein Dante Torre ist genug auf der Welt.“ Die exzentrische Persönlichkeit ihres Partners treibt die ehrgeizige Polizistin Colomba Caselli noch in den Wahnsinn. Der Zufall hat die Zwei zusammengebracht: In einem Wald am Stadtrand von Rom ist der kleine Stefano Maugeri verschwunden. Dort wird auch seine Mutter gefunden – enthauptet durch einen professionellen Schnitt. Zunächst glauben die Ermittler, dass der Ehemann seine Frau hingerichtet und die Leiche seines Sohnes irgendwo in den Albaner Bergen vergraben hat. Diese Version bezweifelt jedoch Alfredo Rovere, Leiter der Squadra Mobile.

Er beauftragt seine beste Mitarbeiterin, in diesem Fall under cover zu ermitteln, ohne den verantwortlichen Staatsanwalt darüber zu informieren. Die schöne, sportliche und robuste Colomba Caselli ist aktuell vom Dienst freigestellt.

Das klingt so abstrus, dass es niemand glauben will – besonders nicht der verantwortliche Staatsanwalt. Es kann auch gar nicht sein. Als Entführer galt bisher der längst verstorbene Antonio Bodini, der Besitzer jenes Bauernhofs, auf dem Dante elf Jahre lang festgehalten wurde. Jagt Dante vielleicht nur einen alten Geist? Auch Colomba stellte sich diese Frage. Dann überzeugt Dante sie mit seinen Argumenten und seiner Intuition. Es beginnt eine Tour aus der Finsternis der Silos zu den unglaublichen Verbrechen eines Monsters. Was als Entführungsfall beginnt, zieht bald größere Kreise: Das ungleiche Paar verfolgt Kinderschänder im Internet, setzt sich gegen korrupte Beamte zur Wehr, trifft auf eine südamerikanische Gang und flüchtet schließlich nach Cremona. Dort kommen sie einem Geheimplan aus der Zeit des Kalten Kriegs auf die Spur.

Der „Mann der Silos“: elf Jahre lang gefangen und von der Umwelt isoliert.

„Ich habe dich zu dem ge- macht, was du bist.“  Der „Vater“

Sie hat sich eine Auszeit genommen, nachdem sie ein Bombenattentat in Paris überlebt hat. Dante Torre soll sie bei ihren Ermittlungen unterstützen. Der „Mann der Silos“. Er wurde mit sechs Jahren entführt und danach elf Jahre lang in einem Silo auf einem Bauernhof bei Cremona gefangen gehalten. In dieser Zeit hatte er nur Kontakt mit einer geheimnisvollen Gestalt: dem „Vater“. Er schulte den kleinen Jungen wie ein Tier, bestrafte oder belohnte ihn nach seinen Launen. In seiner elfjährigen Isolation entwickelte Dante jedoch unglaubliche Fähigkeiten: Er beobachtet und analysiert Menschen wie kein anderer und berät daher Anwälte bei Kindesmissbrauch oder Entführungen. Nun wird er mit seinem schlimmsten Albtraum konfrontiert: der Rückkehr des Mannes, der sein Leben zerstört hat. Daraufhin deutet ein Indiz hin, das Colomba und Dante am Tatort in den Bergen finden: eine Trillerpfeife. Sie war einmal Dantes Kinderspielzeug und galt 30 Jahre lang als verschwunden.

Aber warum hat sich der „Vater“ entschieden, nach 30 Jahren zurückzukehren und erneut Kinder

zu entführen? Das Duo befragt die Väter und Mütter und erfährt, dass ihre verschwundenen Jungs
alle Autisten waren und am Tatort der Entführung immer ihre Schuhe hinterlassen wurden. Was hat das zu bedeuten? Für Dante und Colomba wird immer klarer, dass der „Vater“ nicht allein handelt. Als sie in der Nacht aus einem See Hinweise bergen wollen, werden sie am Ufer von einem kräftigen Mann mit sehr hellen blauen Augen gestellt. Dante blickt in dieselben blauen Augen, in die er schon während seiner Zeit im Silo-Kerker geblickt hat.

Ist es womöglich der „Vater“ selbst? Der Mann hat jedenfalls nur einen Plan: Er will sie töten!

Einer von Dantes Spleens: das Archiv der verlorenen Zeit.

Dante Torre: ein Genie mit vielen Ängsten und Macken.

Dante und Colomba wenden ihre letzten Kräfte auf, um das zu verhindern. Wenig später nimmt die Polizei den Mann in Gewahrsam. „Es ist vorbei“, sagt Colomba zu Dante und weiß nicht, dass sie sich gewaltig geirrt hat. Denn der Auftragskiller vom See ist nicht der „Vater“! „In der Finsternis“ fesselt mit seinem Crescendo an Spannungsbögen und der Fülle an Fährten und verwinkelten Pfaden. Mit großem erzählerischen Talent werden die zwei ungewöhnlichen Helden dargestellt: Zu Dantes Spleens und Ängste gehören seine Sucht nach Kaffee, Zigaretten und Tabletten.

Seine klaustrophobischen Attacken
bei Autofahrten oder beim Treppensteigen. Kein Wunder, dass er damit fast jeden in seinem Umfeld in den Wahnsinn treibt. Die ehrgeizige Colomba ist dagegen sein komplettes Gegenteil, obwohl sie selber ein Geheimnis hütet, das über weite Teile des Romans nur als „Katastrophe“ beschrieben wird. Der italienische Literaturkritiker Antonio D’Orrico hat „In der Finsternis“ als den „größten Thriller der Saison“ bezeichnet. Das ist noch untertrieben. Sandrone Dazierri hat mit diesem Roman ein großes Stück zeitgenössischer Literatur abgeliefert, das tief in die Abgründe einer Gesellschaft blickt.


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