Interview mit Maria W. Peter, Autorin für Historische Romane
Maria W. Peter entdeckte schon während ihrer Schulzeit ihr Interesse an Literatur und Geschichte, wobei es ihr besonders das Römische Reich angetan hat. Bereits während ihres Studiums an der Universität des Saarlandes und der Université de Metz, arbeitete sie als Journalistin. Zudem besuchte sie als Fulbright-Stipendiatin die School of Journalism in Columbia/Missouri. Kurze Zeit nach ihrer Rückkehr aus Amerika begann sie mit der Arbeit an ihrem ersten „Invita“-Krimi. Ihr historischer Roman über deutsche Auswanderer in Amerika wurde für den Literaturpreis Homer und den LB-Leserpreis 2015 nominiert. Heute ist Maria W. Peter als freie Autorin tätig und pendelt zwischen dem Rheinland und dem Saarland.
Im Gespräch verrät sie uns, was gute Historische Romane ausmachen, was sie am Römischen Reich fasziniert, sowie die Hintergründe, ihre Reihe um die Sklavin Invita nicht in Rom, sondern in der Saar-Mosel-Region spielen zu lassen.
Warum haben Sie angefangen Bücher zu schreiben?
Seit ich mich erinnern kann – und das reicht schon in die Zeit vor dem Kindergarten zurück – habe ich mich für das erzählte, geschriebene und gedruckte Wort interessiert und war von den damit verbundenen Geschichten und Bildern fasziniert. Ich glaube ich war vier, als ich aus altem Schreibmaschinenpapier meiner Oma erstmals ein Buch zusammenbastelte, es illustrierte und zuletzt meinem Vater den dazugehörigen Text diktierte. Seither hat mich das Medium Buch nicht mehr losgelassen.
Oder anders gesagt: Bücher waren bei uns immer zuhause in großer Menge vorhanden, zudem liehen meine Mutter und ich immer gleich Körbeweise neuen Lesestoff in der örtlichen Bibliothek aus. Irgendwie kam es also ganz natürlich, dass meine blühende Fantasie, meine Faszination für das Erzählen von Geschichten und meine Begeisterung für bedrucktes Papier früher oder später – in meinem Fall schon recht früh – dazu führte, dass ich selbst zum Füller, später dann zur Tastatur griff.
Neben Romanen schreibe ich auch Theater- und Bühnenstücke. Mein neuestes Schauspiel „Blut und Königsbleiche“ habe ich im Auftrag des Landes Rheinland-Pfalz verfasst. Ab Frühjahr 2018 wird es regelmäßig in Koblenz gespielt werden.
Was macht einen guten Roman aus?
Natürlich gibt es Elemente, die jeder Roman besitzen sollte, um ansprechend, faszinierend und nachhaltig auf den Leser zu wirken. Dazu komme ich später noch. Doch grundsätzlich hängt die Antwort auf diese Frage in einem gewissen Maß auch vom Genre ab und ist daher nicht in einem Satz zu beantworten. Ich schreibe ja – neben meinen Bühnenstücken – vor allem historische Gesellschaftsromane und historische Krimis. Bei geschichtlichen Themen muss meines Erachtens zunächst einmal die Recherche bis ins kleinste Detail stimmen, damit dem Leser ein authentisches, facettenreiches Zeitbild präsentiert werden kann. All das historische Wissen muss dann stimmig, logisch, spannend – und vor allem unaufdringlich – mit der Romanhandlung verwoben sein. Meines Erachtens sind zwei grundlegende Fehler für einen historischen Roman tödlich, zum einen historische Ungenauigkeiten oder Patzer und zum anderen, seitenlange historische Beschreibungen und Belehrungen, die dem Leser zwar historisches Wissen vermitteln, sich jedoch so trocken wie ein Fachbuch lesen. Die große Kunst eines gelungenen historischen Romans besteht meiner Meinung nach darin, eine große Fülle von Wissen so raffiniert in die Grundstruktur der Handlung zu verweben, dass alles organisch zusammenfließt und nie belehrend wirkt.
Außerdem – und das gilt nun für alle Romane, gleich welchen Genres – sollen die Figuren lebensecht, schillernd und authentisch sein, ihre Denkweisen und Handlungen müssen den Leser überraschen, faszinieren, erschrecken, dürfen bei den Antagonisten auch abstoßen, müssen aber immer stimmig und nachvollziehbar sein. Die Sprache des Buches soll frisch und unverbraucht wirken, den Leser dazu verführen, es nicht mehr aus der Hand zu legen und immer weiter in die Geschichte hineinziehen. Last but not least soll auch die Handlung originell sein und im Leser nachhaltig etwas anklingen lassen – im Idealfall sogar zum Hinterfragen bewegen. Wenn das alles gegeben ist, dann ist es ein richtig gutes Buch, das noch lange in Erinnerung bleibt und das es verdient, immer wieder aufs Neue gelesen zu werden, da man darin auch immer wieder neue Aspekte entdeckt.
Was ist das Besondere an Invita und was fasziniert Sie am Römischen Reich?
Das Römische Reich…Irgendwie bin ich damit aufgewachsen. Meine Oma kommt aus Trier, wir hatten und haben noch immer zahlreiche Verwandten dort leben, was einer der Gründe war, weshalb ich seit meiner Kindheit immer wieder diese alte Römerstadt an der Mosel besuchte. Überhaupt ist in der Saar-Mosel-Region, zwischen Trier, Saarbrücken und Metz, wo ich aufwuchs, das römische Erbe sehr präsent und dicht. Schon in der Grundschule (oder früher) besichtigt man römische Ausgrabungen und Museen. Hinzu kam, dass ich im Alter von zwölf Jahren eine ganz wunderbare Lateinlehrerin bekam, die zwar sehr streng war, aber in vielen von uns eine wahre Leidenschaft für die verflossene Welt der Antike erweckte. Diese Leidenschaft hat mich seither nicht mehr losgelassen.
Die Besonderheit der Invita-Serie liegt vor allem (aber nicht nur) in zwei besonderen Aspekten. Zum einen spielen die Bücher nicht in Rom oder Italien, sondern hier bei uns vor der Haustür, in den großen Römerstädten und -stätten unserer Region, an Saar, Mosel und Rhein, Trier, Metz, Köln… Ich finde es faszinierend ein Stück römischer Weltgeschichte und Lebensart in meiner eigenen Heimat aufzuzeigen, eine Heimat, die übrigens im Laufe der Spätantike immer mehr ins Zentrum römischer Politik rückte.
Zum anderen ist die Hauptfigur der Serie kein Kaiser auch kein Feldherr, noch nicht einmal eine Adelige, sondern entstammt dem absoluten Bodensatz der römischen Gesellschaft. Invita ist eine Sklavin, eine Putz- und Küchensklavin noch dazu (wenigstens zu Beginn der Serie), die vor allem darunter leidet, als Kind von ihrer eigenen Mutter zum Sterben ausgesetzt worden zu sein und daher nicht das Geringste über ihre eigene Herkunft zu wissen. Zudem treibt der Konflikt zwischen ihrer Wissbegier und klassischen Bildung einerseits und der Rechtlosigkeit ihrer gesellschaftlichen Position andererseits die Handlung weiter voran. Sklaven galten vor der römischen Justiz ja nicht als Person, sondern als Sache, man sprach auch von „sprechenden Werkzeugen“ oder „belebten Gegenständen“. Im weiteren Verlauf kommt noch ein alemannischer Kriegsgefangener als weitere Hauptfigur hinzu, der ebenfalls eine ganz eigene Sicht auf die Dinge der Welt und insbesondere das Römische Imperiums innehat. Die Hauptfiguren der Serie heben sich also alleine durch ihre Herkunft und soziale Stellung von den üblichen Protagonisten historischer Romane ab und zeigen dadurch ganz neue Facetten der Römerzeit, ein Leben im Schatten der Herrschaft und der Prachtbauten sozusagen.
Haben Sie einen Lieblingsautor/-autorin?
Schwer zu sagen, es gab und gibt einige Autoren, die ich in der Vergangenheit ganz besonders zu schätzen gelernt habe und zu deren Werken ich immer wieder gerne greife, um mich zu unterhalten, daraus zu lernen oder einfach nur ein faszinierendes Leseerlebnis zu genießen. Doch ändern sich meine diesbezüglichen Präferenzen auch immer wieder im Laufe der Jahre; mal sind es Klassiker, mal zeitgenössische Autoren.
In der Vergangenheit hatte ich das Privileg, zwei ganz außergewöhnliche Künstler – auch persönlich – kennen lernen zu dürfen, deren Werke ich für herausragend halte. Der eine war Mohammed Moulessehoul, einen algerischen Autor, der unter Pseudonym auf Französisch schreibt und heute in Frankreich lebt. Ihm gelingt es meines Erachtens auf ungewöhnliche Weise, Krimi und Unterhaltung mit literarisch, sprachlichem Anspruch und einem schockierenden, stets aktuellen gesellschaftlichen Zeitbild zu kombinieren. Bisweilen ist er ein sehr unbequemer Beobachter, allerdings sehr freundlich im persönlichen Umgang. Bei Weitem nicht in allen Punkten stimme ich inhaltlich seiner Deutungsweise und Beurteilung der Gesellschaft und der aktuellen Spannungen zwischen der europäischen und der orientalischen Welt zu, aber seine Sprache und die Bilder, die er in seinen Texten kreiert, sind sehr eindringlich.
Der andere Künstler ist Derek Walcott, ein Dramatiker (und Lyriker) aus St. Lucia, der in seinen Bühnenstücken auf atemberaubende Weise klassische (europäisch) antike und abendländisch christliche Tradition mit Motiven und Mythen Afrikas und der Karibik verbunden hat und Anfang der 1990er Jahre mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde. Ich hatte nicht nur das Glück, ihn persönlich kennenlernen zu dürfen, da mein Uniprofessor für Nordamerikanische Literatur zugleich sein Übersetzer ist, sondern konnte auch die deutschsprachige Welturaufführung seines außergewöhnlichen Bühnenstückes „Ti-Jean and his Brothers“ in der ersten Reihe miterleben. Es war eines der ganz besonderen literarischen Erlebnisse meines Lebens gewesen.
E-Book oder Buch?
Beides. Ich besitze zwei E-Book-Reader verschiedener Formate und schätze die Möglichkeit, damit überall (auch im Dunkeln) lesen, binnen Sekunden neue Bücher kaufen und herunterladen zu können – ohne dabei schweres Gewicht mit mir herumschleppen zu müssen. Doch wenn ich zuhause gemütlich im Sessel sitze, würde ich jederzeit einem gedruckten Buch den Vorzug geben. Ich liebe den Geruch von Papier, das leise Knistern, wenn man die Seiten umblättert, das kompakte Gefühl in der Hand und die Möglichkeit, zwischendurch immer wieder das Buch zu schließen, das Cover zu betrachten und mit den Fingern über den Buchrücken zu streichen.
Kurzum, ich schätze beide Arten von Büchern – das Wichtigste ist ja auf jeden Fall der Inhalt.
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