SPACE SOUL
So könnte man das musikalische Motto meines neuen Romans DUNGEON PLANET überschreiben.
Oder auch: Space is the Place. So heißen ein Film und ein Album von Sun Ra aus dem Jahre 1974. Den Afrofuturismus begreife ich als großzügiges Geschenk an die ganze Menschheit, das schließt also auch einen weißen Nerd wie mich mit ein. Wo doch inzwischen ohnehin so gut wie erwiesen ist, dass die Wiege der gesamten Menschheit in Afrika zu finden ist.
In DUNGEON PLANET reist jener also aus Afrika stammende Mensch hunderttausendmal schneller als das Licht. Eine Geschwindigkeit, in die uns bislang höchstens Musikformen wie Jazz oder Jungle entführen konnten. Bei solchen Geschwindigkeiten und Entfernungen liegt Entfremdung nahe. Was verbindet die über die Galaxis verstreuten Menschen dann noch in der Zukunft? Eigentümliche Gameshows wie Dungeoncrawler, zum Beispiel. Und natürlich Musik.
In der Reihenfolge ihres Auftretens im Buch:
Curtis Mayfield. Ist bei mir ein Raumschiff geworden. Schwelgerisch sein Klang. Was Mayfield liefert, sind Wärme, Trost und sogar Linderung. Wie unendlich wertvoll in der Einsamkeit und Kälte des Weltraums! The Impressions waren sein erstes Ausdrucksmittel.
Herbie Hancock. Synthesizerblubbernd, Miles-Davis-geschult. Ein Futurist.
Sun Ra. Hohepriester des Afro Space Age. Atonale Archetypen. Planetenschäumendes Unterbewusstsein.
George Clinton. Scheinbar ständig irgendwie auf Droge, beschwört er mit seinen wie ein Think- oder Session-Tank ineinander verschränkten Projekten Funkadelic und Parliament die „Mothership Connection“, und sich selbst als ihren ausgeflippten Zeremonienmeister.
Weather Report. Eine Fusion aus afroamerikanischem Jazzwissen (Wayne Shorter) und europäischer, genau genommen sogar deutschsprachiger Harmonik (Joe Zawinul).
Sly Stone. Das wütende Bewusstsein, das Darüberstehen.
A Taste Of Honey. Black bzw. Native American Beauties im Discofieber.
James Brown. Selbsterklärend.
Robert Hood. Die bedingungslose Cool(jazz)ness des Techno-Zeitalters.
Dazwischen – beinahe als einziger Weißer, nur Joe Zawinul ist auch noch eine solche Ausnahme - Dave Brubeck, der Tüftler. Möglicherweise neben europäischen auch Native-American-Wurzeln. Brubeck boykottierte Fernsehauftritte, als er erfuhr, dass sein afroamerikanischer Bassist Eugene Wright nicht im Bild zu sehen sein sollte. Der Rassismus beherrschte damals Amerika, wurde dann in Schranken gewiesen, doch heute ist er immer noch – und leider nicht nur in Amerika, sondern auch hierzulande - allgegenwärtig. Es ist höchste Zeit, sich über diese hinderliche Rückschrittlichkeit endlich hinwegzusetzen.
Interessant dürfte sein, dass diese Playlist Informationen enthält, die im Roman nicht enthalten sind, denn an einigen Stellen im Buch heißt es einfach nur, man hört Dave Brubeck oder (womöglich) Robert Hood, aber nicht, welchen Track genau.
Anhand dieser Playlist kann man herausfinden, was genau gespielt wird - im Gehörwindungsdungeon unserer Kopfplaneten.
Hinweis:
Am Freitag, dem 19. Oktober 2018 lese ich aus DUNGEON PLANET, sicherlich musikuntermalt, in der Buchhandlung OTHERLAND in Berlin-Kreuzberg.
This Space will be the Place!
Tobias O. Meißner, 2018
Tobias O. Meißner, geboren 1967, studierte Kommunikations- und Theaterwissenschaften und lebt als freier Schriftsteller in Berlin. Seine Romane werden von der Kritik hoch gelobt. Meißner wurde von der Zeitschrift „Bücher“ als einer der „10 wichtigsten Autoren von morgen“ ausgezeichnet. Bei Piper liegen u.a. sein hochkarätiger Fantasy-Zyklus „Im Zeichen des Mammuts“, die apokalyptischen Epen um „Die Dämonen“ sowie die High-Fantasy-Trilogie um die „Sieben Heere“ vor.
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