„Nicola Förg setzt auf spannende Ermittlung mit unerwarteten Wendungen, einer Prise Humor und Detailwissen. “
tolino Sleepscreen für Ihr Alpenkrimi-eBook
Ehrlich gesagt, mag ich den Begriff „Regionalkrimi“ nicht so sehr. Erstens spielen Krimis immer irgendwo, die Landschaft, das Wetter, die Historie, die Mentalität prägen die Menschen und sind wichtige Zutaten zur Authentizität einer Geschichte. Auch Donna Leon oder Henning Mankell schreiben „Regionalkrimis“. Das Wort nervt aber erst recht in Verbindung mit Allgäu oder Alpen. In den letzten Jahren hat es sich in den Köpfen der Menschen so festgesetzt, dass ein Krimi aus dem Süden Schenkel klopfende Heiterkeit verbreiten muss - und Bücher eher Kabarett und Slapstick denn Buch sind. Ich schreibe Krimis, die natürlich auch Dialoge zum Schmunzeln haben dürfen, die Menschen mit einem Augenzwinkern charakterisieren - aber es geht doch primär um menschliche Abgründe und um Mord, was ich wenig heiter finde.
Wie kommen Sie auf Ihre Themen rund um Tier- und Umweltschutz? Schöpfen Sie da aus eigenen Erfahrungen?
Wir leben auf einem Ponyhof und haben auch Hausgäste in unserem Ferienhaus sowie Kinder, die zu Pferdespaziergängen kommen. Mit jedem Jahr erschüttert es mich mehr, wie weit weg diese Familien von der Landwirtschaft und der Lebensmittelerzeugung sind. Rein in den Supermarkt, raus mit eingeschweißter Putenwurst zum Dumpingpreis, der eigentlich jedem sagen müsste: Hier kann kein Tierwohl zugrunde liegen und das kann auch für die Erzeuger nicht gesund sein.
Unsere Nachbarn sind Milchbauern, die versuchen zu wirtschaften. Die meisten in einer Höher-Weiter-Mehr Mentalität. Werde groß oder sterbe… Wenige versuchen es mit einer Nische, auch hier sieht man diese Irrfahrten durch die Empfehlungen von Bauernverband und Agrarzeitschriften. Man spürt die Verunsicherung: Wem kann ich noch glauben? Werden Grenzwerte nur beliebig festgesetzt und scheinbar wissenschaftlich versierte Studien gekauft?
Dürfen Regionalkrimis auch ernsthafte Themen ansprechen oder erwartet man von dem Genre leichte Unterhaltung?
Unterhaltung und Nachdenklichkeit schließen sich ja nicht aus. Mir ist das zu schwarz-weiß. Unterhaltsame Feierabendlektüre versus großes kluges Weltwissens-Buch? Man kann mit einer Geschichte unterhalten und dennoch hoffen/glauben/wünschen, dass man Leser nachdenklich stimmt und dass etwas nachhallt. Ich mag eher Dialoge zum Schmunzeln und versuche Menschen mit einem Augenzwinkern zu charakterisieren. Ich mag Bücher, die wie das Leben sind: mal launig dahinplätschern wie ein Sommerabend, mal gewalttätig sind wie eine Gewitterfront.
›Regional‹ ist falsch besetzt: Die Landschaft, das Wetter, die Historie, die Mentalität prägen die Menschen und sind wichtige Zutaten zur Authentizität einer Geschichte, aber ›regional‹ heißt doch nicht per se ›albern‹.
Das schöne Bayernbild Ihrer Alpenkrimis hat Brüche…
Was ist Bayern? Bayern reicht von Unterfranken, über Schwaben bis ins Allgäu und bis ins Berchtesgadener Land. Schon das hat so viele unterschiedliche Facetten und Farbschattierungen! Das Gebirge ist eine Gegend, wo die Familien zum Teil schon seit Generationen leben, wo es eng ist und wo Licht und Schatten sehr dicht beieinander liegen. Da kommt natürlich ein ganz eigener Menschenschlag heraus. Der Vorteil ist mit Sicherheit ein gewisses Aufgehobensein und die Hilfsbereitschaft. Es gibt klare Strukturen, die auffangen. Auf der anderen Seite aber herrscht noch viel Enge in den Köpfen und eine Zweiklassengesellschaft der Ureinwohner und den Zuagroasten..
Ziehen Sie jetzt nicht lieber in die Großstadt?
Sicher nicht. Niemals! Ich bin, in geringerem Umfang als früher, ja immer noch Reisejournalistin. Ich war ziemlich viel unterwegs auf der Welt und es gibt definitiv keinen schöneren Platz auf der Welt, als das westliche Oberbayern und das Ostallgäu. Würde man eine Landschaft auf dem Reißbrett planen, würde man genau das erschaffen: Seen, grüne Hügel und dahinter hohe Felsenberge. Ich könnte Ihnen großartige leere Landschaften in Kanada, Norwegen oder Island nennen, aber da fehlt bei aller Magie eine Zutat: Da gibt es keine Biergärten, keine Berghütten, nicht den Genuss, den wir hier so selbstverständlich finden. Ich kann hinterm Haus losreiten, losradeln, loslaufen, langlaufen. Ich sehe Sterne und die Milchstraße – keine Lichtverschmutzung. Ich habe Platz, ohne dem Nachbarn quasi auf dem Grill zu sitzen. Es fließt ein Bach, der noch mäandrieren darf, Pfützen bleiben stehen, aus denen Katzen und Vögel trinken. Meine Welt ist noch unverbaut. Mein Ostallgäu ist ein Gesamtpaket, zum Heulen schön!
Warum setzen Sie auf zwei Frauen als Ermittlerinnen?
Als Frau ist es einfacher und authentischer sich in die Gefühlswelt von Frauen einzuleben. Ich finde es charmanter, starke Frauentypen zu kreieren, sie auch in ihrem Privatleben zu zeigen. Ich mag beide Figuren, weil sie total unterschiedliche Lebensentwürfe darstellen, zwei Generationen und zwei Pole. Irmi ist nun Mitte Fünfzig, über die Lebensmitte hinaus, sie weiß, dass man nicht unverwundbar und das Leben endlich ist. Das macht sie behutsamer, sie ist eine bodenständige Frau, die sehr gut zuhören und sehr genau hinsehen kann. Kathi hingegen ist Dreißig, sie ist eine Urgewalt, bildhübsch, oft zu schnell in Wort und Tat und doch gutmütig, klar und ehrlich. Und nun kommt ihre Tochter in die Pubertät, hat einen ersten Freund – und die coole Kathi steht vor völlig neuen Problemen.
Sie gehen mit Ihren Büchern auch auf Lesereise – macht Ihnen das Freude? Inspiriert sie vielleicht sogar die eine oder andere Begegnung mit Ihren Lesern zu neuen Stoffen?
Unbedingt – egal ob 20 oder 600 Zuhörer kommen! Es entstehen immer schöne Gespräche. Leser äußern, wo ihr Fokus liegt, beispielsweise darin, ob Irmis Lover Jens jetzt endlich mal seine Frau verlässt… Zudem lerne ich Deutschland und auch Österreich kennen, es verschlägt mich durchaus in Gegenden, die abseits klassischer Routen liegen. Ich bin ja auch zusammen mit der großartigen Interpretatorin meiner Hörbücher, mit Michaela May, unterwegs – und das auch weit jenseits des Weißwurstäquators. Und ob man es glaubt oder nicht: Ein großes Festival im Norden wünscht sich immer, dass die bayerischen Damen im Dirndl auftreten….
Ist eine Verfilmung Ihrer Krimis im Gespräch?
Ja, in der Tat. Es gibt konkrete Pläne für „Scheunenfest“, es gibt einen Pitch, einen Drehbuchautoren, eine wunderbare Produzentin und Michaela May würde Irmi spielen. Für mich eine Traumbesetzung.
Nicola Förg wurde 2012 vom bayerischen Tierschutzbund, 2015 vom Garmischer Tierheim sowie 2015 und 2016 vom bayerischen Jagdverband für ihr Engagement ausgezeichnet. Sie setzt sich nicht nur auf ihrer wöchentlichen Tierseite im „Münchner Merkur“ für Tiere und Umwelt ein, sondern widmet sich auch in ihren Romanen oft Themen des Tier- und Naturschutzes.
Holz macht dreimal warm – beim Schlagen, beim Hacken und beim Heizen. Diese Weisheit ist nicht nur alt, sondern auch wahr. In diesem Fall hatte das Holz allerdings kalt gemacht, und zwar einen Mann. In der Stirn des Toten steckten einige Holzspreißel, und neben ihm auf dem Boden lag ein blutiger Prügel, der gerade von der KTU vorsichtig verpackt wurde.
War das die Mordwaffe? Eigentlich war es kaum anzunehmen, dass der Mörder die Tatwaffe einfach so liegen ließ. Es sei denn, er hatte Handschuhe getragen, was bei den herrschenden Temperaturen durchaus naheliegend war. Es winterte sehr, weswegen allerorts die Kreissägen gekreischt hatten und nun die Holzstapel wuchsen.
„Kennst du den?“, fragte Franz gerade. „‘Ein harter Winter steht bevor‘, sagte der alte Indianerhäuptling und hielt das Ohr witternd in den Wind. ‚Warum?‘, fragte der Trapper. ‚Der weiße Mann macht viel Holz.‘“ Franz wollte sich ausschütten vor Lachen, was angesichts des holzspreißelgespickten Toten eher pietätlos anmutete.
„Ein Ohr kann nicht wittern“, wandte Max ein.
„Spaßbremse!“, konterte der Kollege.
Max Brauer und Franz Oberlechner waren vor etwa einer Stunde an den Fundort der Leiche gerufen worden und hatten sich schon ein wenig umgesehen. Der Tote, der neben einem Stapel Brennholz aufgefunden worden war, hatte das Rentenalter schon erreicht. Er trug eine Jogginghose, einen Skianorak, der in den Achtzigerjahren modern gewesen sein mochte, leichte Bergstiefel und eine hohe Skimütze, wie sie Ingemar Stenmark zu seinen Erfolgszeiten beim Slalom angehabt hatte. Um den Hals hing ein Feldstecher.
Was gab es hinter der Holzbeige wohl heranzuzoomen? Vielleicht eine Nachbarin, die gerne mal vergaß, die Gardinen zuzuziehen? Was ja auch gleich ein Motiv ergeben hätte: Spanner spannt solange, bis Ehemann ihm einen Prügel über den Kopf zieht. Ein kleiner Haken an dieser Theorie war nur, dass der Holzstapel keinerlei Einsichten in fremder Leute Schlaf- oder Badezimmer bot, aber momentan wusste man ja auch noch gar nicht, ob der Fundort der Leiche identisch war mit dem Platz, wo man den Mann erschlagen hatte.
Der Holzstapel stand am Beginn eines steilen Sträßchens mit blumigem Namen in einem kleinen Dorf am Rande der großen, erhabenen Alpen. Im Sträßchen wohnten vielleicht fünfzehn Parteien – alle in großen behäbigen Landhäusern mit trutzigen Balkonen. Die Gärten waren groß und im Sommer bestimmt aufwändig gepflegt und üppig bepflanzt. Dass es hier viele grüne Daumen gab, war wohl auch dem Umstand zuzuschreiben, dass das Gros der Bewohner im Rentenalter war. Wie der Tote.
„In zehn Jahren ist das eine Geisterstraße“, witzelte Franz, der heute besonders aufgeräumt wirkte. Nun, einen aus der wackeren Rentnerschar hatte es nun schon früher erwischt. Bei dem Toten handelte es sich um einen ehemaligen Schauspieler. Pikanterweise wurde er im Dorf meist nur „die Leich“ genannt. Götz Habersetzer hieß er mit vollem Namen, und er hatte es einst zu einem gewissen Ruhm gebracht – dank einer Vorabendserie, die alles und alle zu überleben drohte. Er war auch in diversen Krimis zu sehen gewesen, da aber meist nur kurz, denn er hatte stets die Leiche gegeben.
„Na, das liegt ihm eben“, sagte der Franz.
Der Unterschied lag auf der Hand. Damals hatte er sich aus eigener Kraft erheben können, wenn die Klappe fiel. Heute nahm ihn ein Wagen mit, und er würde auch die Gerichtsmedizin deutlich länger belagern als auf seinen früheren Drehs. Aus der TV-Leiche war eine Real-Leiche geworden.
Bisher gab es keinerlei Anhaltspunkte für Tatmotiv oder Täter. Max stöhnte. Sie würden wieder wie die heiligen drei Könige von Haus zu Haus ziehen und Leute befragen müssen. Polizeiarbeit war oftmals sehr zäh.
Im ersten Haus öffnete niemand. Das sei auch nur ein Ferienhaus, erzählte wenig später die Nachbarin, die ihrerseits vom Ableben Götz Habersetzers tief betroffen war. Sie wusste allerdings nichts Schlechtes, aber auch nichts anderes Bemerkenswertes über den Mann zu sagen.
Da war das Gespräch mit einer Dame weiter oben in der Straße schon ergiebiger.
„Hatte Herr Habersetzer Feinde?“, fragte Max die Frau.
„Nur indirekt.“
„Was meinen Sie damit?“
„Nicht er hatte Feinde, sondern seine Katzen, denn die haben jedes Beet als Katzenklo angesehen, besonders die frisch geharkten. Kaum hatte man etwas angepflanzt, hatten diese Hurenviecher es auch schon wieder um- und ausgegraben. Das kam nicht überall so gut an.“
„Bei Ihnen auch nicht?“, fragte Franz und betrachtete demonstrativ das Areal, das die Größe eines botanischen Gartens hatte.
„Bei mir war das weniger ein Problem, meine Beete haben sie weitgehend verschont. Keine Ahnung, warum. Aber sein direkter Nachbar, der Herr Mayr, hat schöne weiche Beete und zwei sehr zwiderne Jack Russell Terrier. Einer hat sogar mal so ein Katzentier erlegt.“ Sie lächelte.
Aha, das war doch schon mal was!, dachte Max. Wenn der giftige Terrier sogar eine Katze erlegt hatte, dann waren Habersetzer und Mayr sicher keine dicken Freunde. An Katzen schieden sich bekanntlich die Geister, dachte er. Seine Frau liebte die beiden Kater Netzer und Delling abgöttisch. Mehr als ihn, da gab er sich keinen Illusionen hin. Er mochte die Kater nicht sonderlich. Netzer und Delling waren Weicheier, die mit Begeisterung Shopping-TV, „Bauer sucht Frau“ und irgendwelche dümmlichen Fernsehkrimis ansahen, die in ihm Brechreiz auslösten. Er hingegen schaute als glühender Bayern-Fan vor allem Fußball. Netzer und Delling verschliefen nicht nur die Sportschau demonstrativ, sie hatten auch immer volles Haar und keinen Bauchansatz und gemahnten Max an seine eigenen Unzulänglichkeiten. Wenn den beiden etwas zustieße – seine Frau liefe Amok. Insofern war der Tod einer Katze ein starkes Mordmotiv, wobei in dem Fall ja eher Habersetzer seinen Nachbarn hätte meucheln müssen und nicht umgekehrt. Aber wer weiß? Vielleicht waren sie in Streit geraten, der Streit war eskaliert - und zack, bumm, Holzprügel, tot!
Herr Egon Mayr, den sie als Nächsten aufsuchten, stammte definitiv nicht aus dem hiesigen Sprachraum. Was er von sich gab, war ein Pfälzisch, das Max in solch einer ungefilterten Form nur selten gehört hatte.
„Die tote Katz war der Leich völlig egal. Die Katzen sind von seiner verstorbenen Frau übriggeblieben. Die hat ihm ein klasse Testament hinterlassen. Neben dem Pflichtteil hat sie ihm die Hälfte des restlichen Vermögens vererbt und dem Tierheim die andere. Seine Hälfte ist allerdings an den Auftrag gebunden, die Viecher zu hegen und zu pflegen. Sie hat sogar eine Person eingesetzt, die sich über das Wohlergehen der lieben Tierchen informiert. Weiber, sag ich. Er muss die Viecher pflegen, bis sie alle im Katzenhimmel sind. Der war doch nur froh um eine weniger! Es waren anfangs acht, nun sind es nur noch fünf. Glauben Sie mir: Der würde sie am liebsten eigenhändig erwürgen, dankbar war der meiner Pamela. Wir waren echt gute Kumpels, die Leich und ich.“
„Wem war er dankbar?“, fragte Max mit einem Stirnrunzeln.
„Pamela. Die Terrierhündin heißt Pamela, nach Pamela Anderson. Die andere heißt Dolly. Nach …“
„Wunderbar, danke schön“, unterbrach Franz ihn. Ob Dolly Parton, Dolly Buster oder Dolly, das Klonschaf - jedenfalls war das keine heiße Spur.
Eher zufällig trafen sie auf Josephine Bäcker, eine alte Freundin der verstorbenen Gattin von Götz Habersetzer und zugleich die Katzenaufpasserin. Als Max sie ansprach, war sie gerade damit beschäftigt, die nun völlig verwaisten Tiere einzusammeln.
Josephine Bäcker redete viel und gern und gab den Polizisten tiefe Einblicke in die Ehe ihrer Freundin mit der Leich. Sie war auch gar nicht so verwundert, dass er erschlagen worden war. Er sei nämlich ein knickriger Sparstrumpf gewesen und extrem spießig. Das sehe man jetzt ja auch an der Zeitung.
„Hä?“, entfuhr es Franz.
Nun, die Dame wusste von einer Freundin, dass Götz Habersetzer seit einiger Zeit seine Zeitung nicht mehr bekam. Daraufhin habe er im Medienhaus Rabatz geschlagen, ihm sei aber versichert worden, dass mit seinem Abo alles in Ordnung sei. Daher habe er in den letzten Wochen mit seinem Feldstecher hinter dem Holzstapel gehockt und zu seiner blauen Zeitungsrolle aus Plastik hinübergestarrt, um den Zeitungsdieb zu stellen.
Das erklärte immerhin schon mal den Fundort der Leiche. Und auch sonst konnten sich die Polizisten das Szenario gut vorstellen. Die Leich stellt den Dieb, Handgemenge – zack, bumm, Holzprügel, tot. Nur wer war der Dieb? Sollten sie sich nun auch auf die Lauer legen?
Franz und Max wussten, dass blinder Aktionismus gar nichts brachte, und taten nun etwas, was bei der Polizei nicht jeden Tag vorkam: Sie dachten nach. Und zwar intensiv. Wer kam denn noch mit der Zeitung in Berührung? Normalerweise die Austräger, die es hier aber nicht gab. In diesem Dorf kam die Zeitung mit der Post. Das heißt, sie wurde von dem gelbblauen Postboten ausgeliefert, der ebenfalls von hier stammte. Als Franz und Max ihn in die Mangel nahmen, erwies er sich als wenig heldenhaft. Er gestand.
„Sie geben also zu, dass Sie die Zeitung von der Leich, also die Zeitung von Herrn Götz Habersetzer erst gar nicht ausgeliefert haben?“, fasste Max zusammen.
„Jaaa“, sagte der Postbote gedehnt. „Ab und zu mal. Für meine Oma. Immer wenn Artikel über 90-jährige Geburtstage, über den Gesangsverein und über den Trachtenverein D‘ Stoabergler drin waren. Die Oma kann sich das Abo nicht leisten. Kostet ja ein Vermögen, so ein Zeitungsabo, und dann schreiben die Schmierfinken doch nur Unsinn.“
„Und dann ist Ihnen Habersetzer auf die Schliche gekommen, es gab Zoff, und Sie haben ihn erschlagen?“, triumphierte Franz. „Jetzt geben Sie das halt zu. Das spart uns allen Zeit!“
Aber genau das gab er nicht zu. Er beharrte darauf, zwar ab und zu die Zeitung gemopst zu haben, aber nie bei Habersetzer unter Verdacht gestanden zu haben. Habersetzer hätte einen frühmorgendlichen Jogger verdächtigt, erzählte der Postbote. Einen Zuagroasten, einen aus der Neubürgersiedlung, den hätte er in Verdacht gehabt. Das habe er dem Postboten sogar mal erzählt. Warum also hätte der die Leich zur Leiche machen sollen?
Für Franz und Max war es eine verfahrene Sackgasse ohne gute Wendemöglichkeiten. Wenn sie dem Postboten nicht nachwiesen, wirklich mit Habersetzer wegen der Zeitung in Streit geraten zu sein, dann sah es schlecht aus für eine Verhaftung. Am Holzstapel ließ sich auch keine DNA des Postboten sichern.
An diesem Tag war Franz zum Zahnarzt gegangen, und so saß Max allein in seinem Auto und observierte den Holzstapel, ohne so recht zu wissen, warum eigentlich. Schon bald wurde er von zwei Terriern umkläfft. Aha, der Herr Mayr, dessen Pamela die Katze gefressen hatte, holte sich hier mit der Schubkarre Holz.
Max stieg aus. „Herr Mayr, habe die Ehre. Ihr Holz?“
„Ja, selber gemacht. Gefällt im Wald meines Sohns. Gespalten, geschnitten, aufgeschichtet. Geschwitzt hab ich! Holz macht dreimal warm. Eine Mordsarbeit. Wenn man die Stunden mal rechnet, lohnt sich das nicht. Aber ich bin ja in Pension.“ Scheit um Scheit flog in die Schubkarre.
Eine Mordsarbeit? Und hinter dem Stapel hatte der Habersetzer gehockt, hatte durchs Fernglas gestarrt und sich gegrämt, dass kein Dieb aufgetaucht war. Hatte gefroren.
Der Rest war einfach. Mayr war ebenfalls kein Held. Und ein mordsschlechter Lügner war er dazu. Die Leich hatte unbedingt den Zeitungsdieb zur Strecke bringen wollen und war dabei immer frustrierter geworden. Und aus Frust, und weil er eben so knickrig gewesen war, hatte er nach jedem Holzstapelhock drei, vier Scheite mitgehen lassen.
Das wiederum hatte Mayr gesehen. Der hatte den Habersetzer nämlich seinerseits beobachtet. Eines Tages war es ihm zu bunt geworden. Kleinvieh macht auch Mist, hatte er sich gesagt und den Nachbarn gestellt. Habersetzer war wütend geworden und hatte gemeint, der Mayr solle sich wegen so ein paar Holzscheiten nicht so aufmandeln. Da hatte Mayr, der ja schließlich für jeden dieser Scheite geschwitzt hatte, zur Drohung mit einem Holzscheit gewedelt. Und der Nachbar hatte in dem Moment einen Schritt nach vorne gemacht.
Unfall, Totschlag, Mord – darüber hatten jetzt andere zu befinden. Max und Franz waren zufrieden. Sie waren schon so nahe dran gewesen an Mayr. Bloß das Motiv hatte sich eben geändert.
Es war saukalt. Mordskalt war es geworden. Ein harter Winter stand bevor, aber Mayr würde weniger Holz brauchen als erwartet. In U-Haft war es nämlich erst mal recht gut geheizt.
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Liebe Frau Foerg,
mit wachsender Begeisterung habe ich die letzten 4 Alpenkrimis fast am Stück gelesen. Vielen Dank für die gute Unterhaltung, die auch zum Nachdenken anregt. Natürlich hat mich erstmal auch der Name der Protagonistin in seinen Bann gezogen. Meine Mutter hiess auch Irmengard Mangold vor ihrer 2-ten Ehe. Aber ein ganz andere Typ. Ich freue mich schon auf Ihr nächstes Buch dieser Reihe.
Ganz liebe Grüße vom Namensvetter der Irmi aus München (das nicht so schlimm ist, wie Sie es meist schildern)
Mark Mangold
Dunkle Schluchten
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Dunkle Schluchten
Dunkle Schluchten
Immer gut